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Das Unendliche — Was ist das?

F: Es heißt immer, in der Nichtstandardanalysis arbeitet man mit unendlich großen und unendlich kleinen Zahlen. Aber redet man nicht auch bei der Zahlenmenge ℝ davon, sie sei unendlich groß?
A: Naja, die Menge ℝ ist unendlich groß, das stimmt schon. Aber kannst Du mir eine reelle Zahl nennen, die unendlich groß ist?
F: Hmm! ... 10 Trilliarden? Das ist zwar eine sehr große Zahl, aber sie ist nicht unendlich groß. ... Schwierig!...
A: Und 10 Trilliarden hoch 20 Billionen ist auch nicht unendlich groß. Merkst Du etwas?
F: Ich glaube schon. Ich kann meine Zahl so groß machen, wie ich will, indem ich immer mehr Stellen hinzufüge, aber meine Zahl wird immer endlich sein.
A: So ist es. Stell Dir die Zahlengerade vor, und Du würdest von null aus zu dieser Zahl hingehen. Dann kannst Du immer angeben, wieviele Schritte Du gehen musst, bis Du bei Deiner Zahl angekommen bist, wenn Du die Schrittlänge kennst. Und so ist das bei jeder reellen Zahl, sie liegt im Endlichen.
F: Klar! Aber wieso redet man dann immer von der unendlichen Menge ℝ?
A: Das ist keineswegs falsch, denn man kann auf der reellen Zahlengeraden immer weiter gehen, ohne je an ein Ende zu kommen. Das ist auch schon bei den natürlichen Zahlen so. Es gibt keine letzte natürliche Zahl und auch keine letzte reelle Zahl. Man sagt deshalb, die Menge ℝ ist potentiell unendlich. Es ist eben nur möglich, immer weiter zu gehen, aber man erreicht das Unendliche nie.
F: Liegen dann also die unendlich großen Zahlen „wirklich” im Unendlichen?
A: Genau!
F: Und wie soll ich mir das vorstellen?
A: Wir drehen den Gedanken einfach um. Ich stelle mir eine unendlich große Zahl vor. Und ganz egal, welche reelle Zahl Du mir nun nennst, sei sie auch noch so groß, soll meine Zahl größer sein. Dann ist meine Zahl „wirklich” unendlich groß. Sie ist dann aktual unendlich.
F: Ich verstehe Deinen Gedanken. Aber wo hören die endlichen Zahlen auf und beginnen die unendlichen Zahlen?
A: Das kann man nicht angeben. Genausowenig, wie man von jeder reellen Zahl aus immer weiter gehen kann, aber immer im Endlichen bleibt, kann man sagen, wo die unendlich großen Zahlen beginnen. Diesen Übergang kannst Du Dir wie eine Wolke vorstellen, in der man nichts sieht, aber rechnen kann man im Unendlichen genauso wie im Endlichen, weil das Permanenzprinzip gilt.
F: Permanenzprinzip heißt offenbar, dass alle Rechengesetze des Endlichen im Unendlichen weitergelten.
A: Nicht nur das. Zum Beispiel bleibt eine stetige Funktion, deren Definitionsbereich man ins Unendliche erweitert, auch im Unendlichen stetig.
F: Aber ich bleibe erst einmal bei den Rechengesetzen. Dann müssen die unendlich großen Zahlen ja auch Kehrwerte besitzen, und die müssen dann unendlich klein sein.
A: Da denkst Du richtig, aber trotzdem musst Du an dieser Stelle auf die Sprache achten. „Unendlich klein” bedeutet ja auch „jenseits der negativen reellen Zahlen”. Du aber meinst Kehrwerte, und das sind Zahlen mit einem unendlich kleinen Betrag. Das müssen wir jetzt festhalten, damit es keine Verwechslungen gibt.
  • Zahlen mit unendlich großem Betrag nennt man infinite Zahlen. Die können positiv, aber auch negativ sein.
  • Ihre Kehrwerte haben einen unendlich kleinen Betrag. Man nennt sie infinitesimale Zahlen. Auch die können positiv oder negativ sein.
F: Und wo liegen die auf der Zahlengeraden?
A: Wegen ihres unendlich kleinen Betrages eben unendlich dicht bei der Null. Jede reelle Zahl hat einen größeren Betrag — mit einer Ausnahme ...
F: Die Null selbst! Ihr Betrag ist ebenfalls kleiner als jede positive reelle Zahl.
A: Und deshalb ist die Null die einzige reelle Zahl, die gleichzeitig infinitesimal ist. Du kennst doch die Rechengesetze. Und Du weißt auch, was Kehrwerte und Gegenzahlen sind.
F: Na klar! Zahl und Gegenzahl addieren sich zu null, und das Produkt einer Zahl und ihres Kehrwertes ist gleich eins.
A: Richtig! Und wie sieht es mit den Vorzeichen infiniter und infinitesimaler Zahlen, positiv oder negativ, aus? Welche Vorzeichen haben ihre Kehrwerte und Gegenzahlen?